Menschen aus aller Welt kommen zusammen, um die ersten olympischen Spiele auf dem südamerikanischen Kontinent zu feiern. Was ein Fest – und das in Brasilien. Das bedeutet Samba, Beachvolleyball und Fussball an der Copacabana und die Algeria (Lebensfreude) der Brasilianer. So stelle ich mir das zumindest vor.
Ich fahre hin! Den ganzen August. Aber nicht nur um zu feiern, sondern auch um zu helfen, um ein Teil davon zu sein.
Und zwar als Volunteer – das sind die freiwilligen Helfer hinter den Kulissen.
Die Voluntarios, wie sie in Brasilien heißen, werden überall gebraucht: in der Pressearbeit, beim Transport der olympischen Familienmitglieder und der Sportler, im medizinischen Bereich, im Marketing und natürlich im sog. spectator service, als Ansprechpartner bei den Sportveranstaltungen für die Zuschauer aus aller Welt.
Günstig, wenn man da viele Sprachen spricht.
Viele, die von meinem Vorhaben wissen, fragen oft ganz ungläubig:
Wie hast du denn das geschafft?
Schwierig ist das nicht, mit diesem Post möchte ich allen erklären, wie man mal ein ganz anderes Reiseerlebnis haben kann:
So ähnlich wie bei den olympischen Spielen funktioniert der Bewerbungsprozess bei allen großen Sportveranstaltungen auf nationaler und internationaler Ebene.
Du kannst dich immer ca. 2 Jahre vor dem eigentlichen Event auf der offiziellen Seite registrieren – in der Rubrik Get involved – meistens erstmal in eine Emailliste und dann gibt es darüber alle Informationen, wann der Bewerbungsprozess beginnt.
Die Seite heißt immer wie die Stadt, wo die nächsten olympischen Spiele stattfinden und die Jahreszahl. Für Tokio ist es www.tokyo2020.jp.
Jeder kann sich bewerben, von 18 bis 100 Jahre. Man muss nur wissen, dass man alle Kosten (Flug, Unterkunft, etc.) selber tragen muss. Nein, man bekommt auch keine Freitickets.
Irgendwie aber auch logisch, wenn man bedenkt, dass ca. 70.000 Volunteers dabei sind.
Geschenkt bekommt man aber doch einiges: Eine schöne bunte Uniform, die die Erinnerung noch über Jahre danach wachhält, wenn man das T-shirt beim Sport anhat. Wenn man im Zuschauerservice bei einer Sportart dabei ist, hat man natürlich in den Stunden, wo man Schicht hat, Zutritt zu den Wettkämpfen und je nachdem, welcher Job es ist, ist man ganz nah dran. Eine Mitstudenten aus Mainz von mir war damals in Athen der deutsche Volunteer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft im Fussball und sie ist mit dem Team quer durch Griechenland gereist. Ein bisschen Glück gehört natürlich dazu.
Aber da es ein Volunteer-Job ist, kann man ihn auch einfach absagen, wenn einem das Angebot nicht gefällt oder nach einem anderen Job fragen.
In London hatte ich zum Beispiel einen Job, allerdings im Call-Center des Transport-Teams. Da ich aber nur während den 14 Tagen der Spiele konnte (wegen den Ferien), und dort die Regel galt, 10 Tage müßte man Zeit haben, um dabei zu sein, habe ich nach dem Trainingstag, die Bewerbung zurückgezogen. Denn bei dieser Art von Arbeit, hätte ich nichts von den Spielen mitbekommen. Da ist jeder frei in seiner Entscheidung.
Das, was man dort bekommt, ist nichts, was mit Geld zu bezahlen ist, aber es hält ein Leben lang: Einzigartige Momente mit Menschen aus der ganzen Welt, Freundschaften, die noch über Jahre halten und die immer wieder zur Zeit der olympischen Spiele reaktiviert werden.
Meine Volunteer-Gruppe aus Athen (2004) trifft sich zum Beispiel immer noch jedes Jahr am 13. August in Athen: In Erinnerung an die magischen Momente, die wir gemeinsam in der Eröffnungsfeier erlebt haben.
Unglaubliche Gastfreundschaft ist eine andere wundervolle Erfahrung. Durch Aktivieren vieler Kontakte in meinem Freundeskreis habe ich immer bei interessanten Menschen gewohnt: in Athen direkt hinter dem antiken Panathinaiko-Stadium (dort fanden die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 statt) bei Verwandten meiner Englischlehrerin aus Gymnasialzeiten, in Whistler beim Stadtrat von Whistler, der mich dann zu allen olympischen Aktivitäten mitgenommen hat (Medal-Ceremony, Empfang im Canada-House, Skifahren mit seiner Sekretärin im Tiefschnee von Whistler) und auch dieses Jahr komme ich bei einer lieben Brasilianerin unter, die ich vor 4 Jahren in Frankfurt kennengelernt habe, die ich auf der Weltreise 2013 in Curitiba (Brasilien) besucht habe und die jetzt zufällig für ein Jahr in Rio arbeitet. Manchmal sind mir meine Zufälle fast unheimlich oder eher magisch. Ich rede einfach gern mit Menschen, dann passiert so was:)
Ich freue mich jedenfalls riesig, eine so lange Zeit mit ihr zu verbringen.
Seht ihr, wie schnell man sich in den Geschichten von damals verliert…
Für Rio ist die Seite auf jeden Fall www.rio2016.com
Ungefähr im September 2014 wurde die Einschreibung eröffnet und man konnte sich über ein Formular für die verschiedenen Bereiche bewerben. Da ich 2010 in Vancouver bereits schon die Möglichkeit hatte, in der Kulturolympiade dabei zu sein und 2004 in Athen als „Requisitenbastler“ in der Eröffnungs- und Schlussfeier, wollte ich dieses Mal mir den großen Traum, den ich seit 2004 habe, als Artist in der Eröffnungsfeier zu sein, erfüllen. Das ist ein ausgekoppelter Bewerbungsprozess. Da muss man ein Video von seinem Können einschicken und seinen artistischen Werdegang in einem Brief formulieren.
Ich hatte es sogar geschafft!!! Im Februar wusste ich: Ich bin dabei. Eine von 500 in der Gruppe MAR (Meer). Meine Euphorie war kaum zu beschreiben.
Leider ist mir dieser Traum verwehrt worden. Wie, liest du hier.
Seit 24. April weiß ich aber auch, dass ich als Gametime-Volunteer genommen worden bin.
Dazu gab es gleich einen offiziellen Rahmen für das Facebook-Profilbild, damit man mit anderen die Freude teilen kann.
Darüber habe ich erfahren, dass eine Ex-Kommilitonin aus Mainz auch wieder dabei ist. Die Magie hat also über 12 Jahre gehalten. Wir haben uns seitdem nicht wieder gesehen – nun endlich in Rio.
Welche Geschichten wohl diese olympischen Spiele schreiben? Ich bin gespannt.
Vielleicht bist du in vier Jahren in Tokio auch dabei:)
Wow So schön, dass du das mit uns teilst!!! So inspirierend, wie du das lebst und dass das so „einfach“ möglich ist, hätte ich nie gedacht. Danke dass du unsere Perspektive „was möglich ist“ immer wieder erweiterst und das so vor lebst. Danke du bunter Zirkus-Engel dass du uns so viel Freude machst!!
Sarah