Im Sommer 2017 begann ein ganz neue Lebensabschnitt für mich. Ich folge meinem Herzen weit weg von der Norm, dafür musste ich einiges loslassen, sicheren Job, meine Freunde für eine Zeitlang, meine lieben Kollegen, das gemütliche Freiburg, die Sicherheit. Kurz meine Komfortzone. Ich reise und arbeite in verschiedenen Zirkusprojekten und habe mich oft gefragt, was mich antreibt, was ist die Stimme des Herzens, die mich immer wieder ins Abenteuer und ins Ungewisse lockt. Wenn ich die Projekte und meine Reise ab und zu hinterfrage und der sägende Gedanke: „Wohin führt das eigentlich?“ mich immer mal wieder durchschüttelt, wird mir eins immer klarer. Das Fähnchen, was mich leitet, der Kraftstoff, der mich antreibt, ist die Lust am Staunen. Wie ich es damals schon in Rio nach den Olympischen Spielen gespürt habe und nachdem ich auch das Buch gelesen hatte „Zirkus der Stille“ wurde mir klar, dass das das Gefühl ist, was mich so antreibt: Das absolute Staunen. Nur mir war nicht klar, dass es mich auch so zum Wachsen bringt.
Staunen – mein Kompass
Ich merke immer mehr, das das Staunen unter allem liegt, was ich liebe. Deswegen bin ich auch so neugierig. Ich habe einen unbändigen Drang, dieses Gefühl von „ohne Worte“ bzw. Ehrfurcht zu spüren und es auch anderen weiterzugeben und sie zum Staunen zu bringen.
Auf der PWB Kenia Tour konnte ich täglich Staunen erzeugen, die Gesichter der Kids und das Strahlen in ihren Augen. Ich selbst war überwältigt von ihrer Begeisterung.
Dann bin ich danach nach Sambia geflogen, um mir die Victoria Falls anzuschauen. Ein einziges Staunen über die Natur und die Gewalt des Wassers. Ich bin im Angels Pool an der Kante der Wasserfälle geschwommen und im Spritzwasser dieses unglaublichen Naturspektakel gewandert.
Einen Tag später war ich in Botswana im Chobe Nationalpark, wo es die größte Elefantenpopulation der Welt gibt. Auch hier war ich sekündlich am Staunen, über die wunderbare Natur (das saftige Grün nach der Regenzeit und den mächtigen Chobe River) und die Vielfalt der Tiere auf unserem Kontinent. Mich bringt es ordentlich zum Staunen, wenn ich ein Nilpferd, einen Elefanten oder einen sehr bunten Vogel sehe.
Das gleiche ein paar Tage später in Kapstadt. Der Tafelberg aus den verschiedensten Perspketiven und die Sonnenuntergänge in Südafrika lassen mich vor Begeisterung sprachlos werden. Doch es ist eher ein Art Ehrfurcht, die mich bei diesen Naturwundern berührt.
Was ist Staunen?
Ich frage mich, was macht dieses Gefühl so speziell macht?
Ich staune über die Landschaften dieser Erde, da fühlt es sich sich wie Ehrfurcht an und macht mich sprachlos.
Das, was mich dann aber berührt, ist auch gleichzeitig eine bestimmte Schönheit.
Die Farben des Meeres oder des Sonnenuntergangs, die bunten Kostüme von Zirkusartisten, die Einzigartigkeit ihrer Bewegungen lässt mich immer wieder Staunen und alles drumherum vergessen.
Ich werde nie vergessen, als ich mit einem sehr guten Freund im Cirque du soleil war und er mich danach ansprach und meinte, mein Leuchten in den Augen und das „Im-Moment-Sein“, wenn ich einen Jongleur sehe, sei beeindruckend.
Ja, Staunen ist mehr als Faszination. Es berührt einen tief, vielleicht weil wir es dann empfinden, wenn große Träume angestoßen werden. Andere empfinden das absolute Staunen bei einem Musiker oder bei einem Bauwerk oder in einer Sportart. Seitdem ich mir das immer mehr bewusst mache, empfinde ich es in vielen Situationen und das Leben ist soviel bunter und ich bringe mich auch direkt in Situationen, um das Staunen zu erleben.
Auch diese Woche: ich bin in Cintsa an der Ostküste von Südafrika. Hier ist es ganz ruhig und friedlich, es gibt nicht viel zu tun. Doch ich staune jeden Tag über die Schönheit dieses Hauses, wo mein Freund Lebo wohnt. Seine Frau hat es so liebevoll dekoriert und ich entdecke immer wieder neue Dekorationen, die das Leben hier so gemütlich machen. Genauso staune ich über den menschenleeren Strand hier. Er hat eine ganz beruhigende Magie.
Eine Freundin von ihm gibt Massagen und liest aus Tarotkarten. Sie hat mir meine Rückenschmerzen gelöst und spannende Sachen aus den Karten gelesen, die mich wirklich erstaunt haben, denn sie konnte sie nicht wissen.
Also, Staunen entsteht auch wenn etwas unmöglich Erscheindes als möglich erleben und das wiederum ist dann ein Antrieb zum Wachsen.
Im Englischen gibt es eine so witzige Übersetzung für „Bauklötze staunen“: Flabbergasted. Mein neues Liebilingswort.
Wann hast du das letzte Mal gestaunt? Wie würdest du dieses Gefühl beschreiben und gibt es eventuel auch einen Moment, wo du sagen kannst, du bist daraus gewachsen? Schreibe es gerne in die Kommentare.